Haushaltsrede Doppelhaushalt 2023/24

Haushaltsrede Doppelhaushalt 2023/24

27.März 2023
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Herr Strotkötter, Herr Kaiser, verehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Ratskolleginnen und Kollegen,
wir, die UWG Würselen bedanken uns bei unserem Kämmerer Herr Kaiser, bei den Ämtern und Stabstellen und den –MitarbeiterInnen für die Erstellung des Doppelhaushaltes mit seinem Entwurf und Finanzplanung.
Der digitale Doppelhaushalt hat viel Zeit und Arbeitsaufwand erfordert und auch zu einer zeitlichen Verzögerung geführt, die wir unserem Kämmerer jedoch nachsehen.
Ein durchaus beeindruckendes Werk, welches dennoch kritische Anmerkungen hervorruft. Es ist unbenommen, dass die digitale Darstellung viele Informationen beinhaltet, mit denen Fachleute/ geschulte KommunalpolitikerInnen umgehen können.
Den interessierten BürgerInnen erschließt sich dieses Informationspaket in der Regel nicht, da weder die erforderlichen System- bzw. Fachkenntnisse vorliegen. Ob nun der eine oder andere Betrag/Summe in Ordnung, oder die jeweilige Stellenbesetzung erforderlich und qualitativ richtig ist, ob die Bewertung mittels Kennzahlen oder die Eckdaten gut oder schlecht ist liegt für die Bürgerinnen und Bürger mal eben nicht auf der Hand, was sagt z. B. eine Personalaufwandsquote von rund 25 % aus? Liegen wir hiermit im Vergleich zu anderen Gemeinden mit ähnlichen Leistungsangeboten zu hoch oder sind wir besser? Die verbale Erläuterung bzw. Begründung dieser Werte wäre verständlicher, nachvollziehbarer und schafft somit auch mehr Transparenz.
Denn : Transparenz, transparentes öffentliches Handeln ist die wichtigste Grundlage für die Glaubwürdigkeit von politischem Handeln.
Die CDU in Aachen fordert mehr Transparenz und Beteiligung Thema Haarbachtalbrücke Sperrung A544: die gesamte Öffentlichkeit hätte das Recht alle Unterlagen und Gutachten einzusehen und Panik entsteht, wenn man nicht genügend Transparenz hergestellt.
Bei diesem Thema, sehr geehrter Herr Bürgermeister, wurden wir sehr enttäuscht. Von ihrem Versprechen in einem persönlichen Gespräch, sich mehr für Transparenz einzusetzen, ist nicht nur nichts geworden, die Situation ist für die Bürgerinnen und Bürger noch undurchsichtiger geworden. Unser Vorschlag ähnlich wie in anderen Kommunen gehandhabt die Vergabevorlagen gemäß GO NRW grundsätzlich im öffentlichen Teil zu beschließen, ggfs. vertrauliche Informationen zu Firmennamen zu schwärzen, aber volle Transparenz zu den Angebotssummen für die BürgerInnen dieser Stadt herzustellen, denn diese müssen alles was der Rat beschließt mittelbar oder unmittelbar bezahlen, wurde nicht weiter verfolgt, wie man so sagt einfach abgebügelt.

Von den Fraktionen im Rat, auch das muss ich betonen, haben wir für unseren Einsatz zu mehr Transparenz bedauerlicherweise keine Unterstützung erhalten, „man“ schweigt.
Es wurde nicht mehr Transparenz geschaffen, es wurde sogar noch undurchsichtiger. Der bis zu ihrer Amtszeit übliche öffentliche TO 3 : Berichterstattung über die in der nichtöffentlichen Sitzung des Rates gefassten Beschlüsse wurde kommentarlos abgesetzt.
Sie Herr Bürgermeister Niessen bevorzugen inzwischen eine recht eigenwillige Art der Berichterstattung zu den nicht öffentlich getroffenen Beschlüssen, Sie tragen diese am Ende der öffentlichen Sitzung mündlich, unter Anfragen und Mitteilungen, meist schlecht zu verstehen, teilweise nuschelnd und in einer Geschwindigkeit vor, die den Themen nicht angemessen ist. Das ist gegenüber den früheren Ratsperioden ein Abbau von Demokratie, denn Sie nehmen auf diese Weise den Bürgerinnen und Bürger jegliche Möglichkeit, zu nicht öffentlich getroffenen Beschlüssen überhaupt Fragen zu stellen. Aber auch bei diesem Abbau von Demokratie blieben wir als UWG allein, für die anderen Fraktionen ergab sich offensichtlich kein Handlungsdruck.
Liebe KollegInnen des Rates,
unsere diesjährigen Haushaltsberatungen erfolgen in herausfordernden Zeiten: ein verbrecherischer wie verabscheuungswürdiger russischer Angriffskrieg auf die Ukraine, der unermessliches Leid verursacht, den geglaubten Frieden in Europa zerstört hat, die Angst vor einem Atomkrieg ist präsenter wie nie zuvor.
Menschen müssen ihre Heimat verlassen, suchen Schutz bei uns. Das Amt A 50 mit Amtsleiter Herr Kellenter, sowie u.a. der Förderkreis Asyl und Türöffner leisten eine hervorragende und sehr einfühlsame Arbeit für die Menschen die ihr Heim verloren haben, für Frauen die nicht wissen ob Sie ihre Männer und Söhne jemals wiedersehen. Danke an unsere BürgerInnen, danke an alle, die die Not der Menschen sehen und helfen.
Die Gewerkschaft Verdi und andere Gewerkschaften verkünden Mega Streik und fordern aktuell eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent bzw. mindestens 500 Euro mehr für kommunale Beschäftigte . Unser Kämmerer hat mit 8% kalkuliert.
Zinsen sind gestiegen, Geld zu leihen kostet wieder.
Steigende Baupreise und die hohe Auslastung in der Bauwirtschaft und der anhaltende Fachkräftemangel ergeben Baukosten des Jenseits von Gut und Böse sind. Der Immobilienriese Vonovia stoppt alle für 2023 vorgesehenen Neubauprojekte.
Die Energiekrise und gestörte Lieferketten, die aufzeigen wie selbstverständlich für uns die Präsenz und auch Verschwendung von Ressourcen ist, eine grassierende Inflation, die Wirtschaft wie Gesellschaft vor ungeahnte Herausforderungen stellt.

Die Klimakrise ist eine Auswirkung unserer arroganten Vorgehensweise gegenüber unserer Natur und hat in unseren Nachbarstädten innerhalb von wenigen Stunden verheerendes angerichtet. Menschen starben, Menschen wurden obdachlos, Kinder verloren ihre Schule. Unsere so angeblich baufälliges Gebäude Tittelstrasse ist wieder mit Leben, Lachen und Lernen gefüllt, für Eschweiler Kinder.
Damit erinnere ich an die vorgesehen Ziele unseres Klimaschutzkonzepts : Das Stadtgebiet Würselen soll die Klimaneutralität bis 2040 und die klimaneutrale Verwaltung bis 2035, erreichen.
Diese Aufgaben und Herausforderungen, unabhängig von unseren pflichtigen und freiwilligen kommunalen Aufgaben, muss Würselen – ohne darüber Pleite zu gehen, alle erfüllen.
Dies ist gesetzlich festgelegt in der Gemeindeordnung NRW und wir als Entscheidungsträger haben uns daran zu halten:
§ 75 GO NRW – Allgemeine Haushaltsgrundsätze
(1) Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Die Haushaltswirtschaft ist wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen.
Die Konsequenz bei Missachtung haben wir schon erlebt und zu spüren bekommen seit dem Jahre 2012, stand folgender Paragraph über unser Stadt
§ 76 GO NRW – Haushaltssicherungskonzept Und mehrfach hieß es , während dieser Zeit, dann kommt und entscheidet der Haushaltskommissar.
Die schweren Zeiten scheinen vorerst vorbei und unser erster Entwurf für den Doppelhaushalt 2023/2024, seit 2012 ohne Haushaltssanierungsplan, liegt uns vor zur Beschließung. Wir alle könnten jetzt eigentlich erleichtert sein.
Jedoch hat unsere Kämmerer 3 Hinweise in seiner Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2023/24 übermittelt, die in mir mehr als Unbehagen und Besorgnis hervorrufen und die wir nicht ignorieren dürfen :
● Unser Schuldenstand wird im Jahr 2027 auf bis zu 298 Mio steigen.
●Für das Jahr 2027 ist bereits eine planerische Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf 1120 v.H. vorgesehen, da sich jedoch so auch noch kein Ausgleich ergibt, müsste der Hebesatz deutlich höher sein.

● investiven Maßnahmen/Auszahlungen von über 283 Millionen veranlassen den Kämmerer das Haushaltssicherungskonzept zu erwähnen.
Zu unseren Haushaltsberatungen haben wir vom Bund der Steuerzahler Herr Berkenkopf, bei dem wir uns herzlich bedanken, eingeladen.
Der Bund der Steuerzahler ist seit über 70 Jahren die Interessenvertretung für alle Steuerzahler. Er ist unabhängig, parteipolitisch neutral und gemeinnützig. Sein Ziel ist es, die Steuern und Abgaben zu senken, Verschwendung zu stoppen, die Staatsverschuldung zurückzufahren und Bürokratie abzubauen.
Somit ist sein eindringlicher Rat an uns, angesichts unserer Haushaltsprognosen:
Wir im Rat müssen folgendes unterscheiden und danach entscheiden
pflichtige Aufgaben und freiwillige Aufgaben
Die UWG sieht freiwillige Investitionen und Projekten die im Doppelhaushalt und den Mittelfristigen Planungen bis 2027 veranschlagt sind, unter den aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen kritisch und sollten teilweise neu betrachten werden:
Zum Beispiel:
• Sanierung Alter Bahnhof
• Stadt als Fördergeber
• Gebäude Friedhof St.Sebastian
• Multifunktions- und Vereinshaus Scherberg
Ob ein Doppelhaushalt auch in Zukunft der richtige Weg ist, werden wir in den nächsten Monaten erkennen. Die Wahrscheinlichkeit, dass unvorhersehbare Ereignisse einen Nachtrags Haushalt erfordern, steigt aufgrund des längeren Planungszeitraums natürlich an.
Die unabhängige Wählergemeinschaft wird diesem Doppelhaushalt zustimmen, jedoch einzelne schon zugestimmte Projekte und Investitionen die im Doppelhaushalt aufgenommen wurden hinterfragen: Können wir uns das leisten?

Die Freiheit ist nicht die Willkür, beliebig zu handeln, sondern die Fähigkeit, vernünftig zu handeln.“ (Rudolf Virchow Nobelpreisträger 1905)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Michaela Benja
Fraktionsvorsitzende