Haushaltsrede Doppelhaushalt 2021/2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

dies ist meine erste „Haushaltrede“ als Fraktionsvorsitzende der UWG.
Aller Anfang ist schwer, womit fange ich an, vor allem aber, wann höre ich womit auf?
Ich beginne mit einen Dank an unseren Kämmerer, Herrn Alexander Kaiser, für seine offene und aktive Bereitschaft, unsere Fragen im Rahmen der Haushaltsberatung zu beantworten.
Dank auch dem kompletten Team des Fachdienstes 2.1 für die Erstellung des Doppelhaushaltsentwurfes, der Arbeitsaufwand ist deutlich erkennbar.
Wir bedanken uns aber auch beim Bund der Steuerzahler, der uns mit einem Fachmann auf die kritischen Teile des Haushaltes aufmerksam gemacht hat, diese Stunden der Beratung vergingen -wie man so sagt – wie im Fluge.
An diese Beratung knüpfe ich mit meiner Rede an und nehme als Beispiel:
Der Bund der Steuerzahler sieht unser hohes Investitionsaufkommen hinsichtlich der Kontrollierbarkeit sehr kritisch, ab Seite 195 im Gesamtfinanzplan sind die vielen Posten des investiven Bereiches und organisatorischer Natur sehr detailliert aufgelistet.
Genau an dieser Stelle, bei den Baumaßnahmen, mussten wir z. B. bei den Grundschulerweiterungen mit eben diesem Kontrollverlust bei den Baukosten, enorme Beträge, die vom Ansatz bis zur realen Summe teilweise nun das doppelte aufweisen, beschließen.
Prognostizierte Fertigstellungen von Baumaßnahmen weichen ebenfalls enorm von den tatsächlichen Datierungen ab.
Dem will der Kämmerer künftig entgegenwirken, das neu installierte Fördermittelmanagement soll zu einem Bauinvestitionscontrolling weiterentwickelt werden.
Wir unterstützen diese außerordentliche vernünftige und nötige Einrichtung.
So erhoffen wir uns, für die zukünftigen Baumaßnahmen und Projekte wie Gymnasium, Grundschule Mitte, Hauptfeuerwache Würselen , die Konzepte für Broichweiden und Bardenberg mehr Kontrolle, Übersicht und Transparenz in der Kostenentwicklung.
Ein Meilenstein für mich als aktive Stadtverordnete in Würselen ist, dass wir ab dem Jahre 2022 keine Stärkungspaktkommune mehr sein werden, also künftig
„keine Bange mehr“ vor dem „Spar Kommissar“ !

Für mich zählt mit dieser Unabhängigkeit:

„Erst in der Freiheit erhält die Verantwortung ihre volle Bedeutung“ (Unbekannt)

Für die Zukunft müssen wir uns, um nicht wieder ein finanzielles Dilemma zu erleben, gemeinsam für eine effektive Aufgaben- und Zielerfüllungen einsetzten. Dabei gilt es auch, den Anspruch einer Generationsgerechtigkeit im Auge zu behalten.

Das „NKF- COVID-19- Isolierungsgesetz“ z. B. ist nach meiner Auffassung nicht als generationsgerecht zu bezeichnen.
Die Kommunen müssen derzeitig, die durch die Pandemie verursachten Haushaltsbelastungen tabellarisch separat erfassen und getrennt ausweisen, faktisch entsteht damit ein Schattenhaushalt.
Diese Belastungen – bei uns in Würselen bis jetzt ca. 30,3 Millionen – werden als außerordentliches Ergebnis dargestellt. So sieht der kommunale Haushalt trügerisch gut und ausgeglichen aus. Allerdings sind diese Belastungen ab dem Jahre 2025 längerfristig, längstens über 50 (!) Jahre abzuschreiben,
Das Land NRW hat sich so per Gesetz mit Hilfe dieser Buchhaltungsschliche/Trick bei unseren Kindern und Enkeln bedient.
Des Weiteren hat der Kämmerer vorgeschlagen, den Betrag der Liquiditätskredite von ursprünglich 50 Millionen auf neu 70 Millionen zu erhöhen. Das ist aktuell leider notwendig, für die Haushaltssicherung allerdings doch riskant.
Kassenkredite sind im Grunde und müssen auch künftig lediglich kurzfristige Lösungen zur Sicherung der Liquidität bleiben.
Wir bleiben kritisch und werden die Finanzsituation intensiv begleiten, wenn nötig mit einer öffentlich wirksamen Maßnahme.
2012 z. B. haben wir als UWG eine Schuldenuhr gegen den Willen des damaligen Bürgermeisters auf der Kaiserstraße installieren lassen. Diese hat die Summe aktualisiert und so für die Würselener die finanzielle Situation sichtbar gemacht.
Was noch?
Nicht nur wegen der durch Corona eingeschränkten Reisemöglichkeiten, der daraus folgenden intensiveren Erschließung des Nahbereiches, haben wir uns im vergangenen Jahr für die Wiederherstellung der Grillhütten im Stadtgarten und Stadtwald inklusive des angrenzenden Spielplatzes für unsere Kinder eingesetzt.
Unser Antrag wurde beschlossen und ist im Haushalt budgetiert. Es stehen für das Jahr 2021 50.000 Euro und für 2022 50.000 für diese Projekte zur Verfügung.
Die KAG Beiträge, eine für uns als UWG nach wie vor ungerechte Verfahrensweise und damit ein in naher Zukunft abzuschaffendes Thema. Der UWG-Antrag vom 17.06.2019, die vorgeschlagene Satzungsänderung zur Entlastung der Beitragspflichtigen, wurde leider abgelehnt.
Wir bleiben jedoch dran und werden bei jeder Maßnahme, die Beiträge für die Anwohner mit sich ziehen, eine Minimalisierung der Kosten beantragen.
Die Förderung Benachteiligter und sozial schwacher Menschen in unserer Stadt ist für uns ein weiteres wichtigstes Thema.
Dazu gehören auch die leider von den jeweiligen Ratsmehrheiten abgelehnten UWG-Anträge von 2013 und 2018, mit denen wir gern eine feste Quote für geförderten Wohnungsbau festgelegt hätten.
Das Kinkartz-Gelände in Broichweiden, dieses großartige Bauprojekt weist diese gewünschten Rahmenbeding auf:
30% geförderter Wohnungsbau in unterschiedlichen Wohnungsgrößen.
Ein weiteres großes Baugebiet, das Singergelände, bleibt wohl noch länger ein ewiges Trauerspiel. Durch dieses, seit 10 Jahren brachliegendes Gelände, entgehen uns so ganz nebenbei, Jahr für Jahr auch sehr gut für soziale Aufgaben verwendbare höhere Steuereinnahmen.

Erfreulich dagegen:
Ohne Steuererhöhung konnten wir gemeinsam mit der Koalition Eltern entlasten, indem die Einkommensgrenzen für Beiträge jeglicher Betreuungsformen angehoben wurden, ohne damit andere Familien zu belasten.
Ein weiteres Thema, der Klimaschutz stellt auch uns in Würselen in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen.
Duffesheide z.B., die ewige Ausgleichsfläche ist für uns wirklich nur noch 2. Wahl. Wir wollen – wie zuletzt in Broichweiden – die Bäume möglichst an Ort und Stelle retten, auch wenn dazu Planungen geändert werden müssen und dies vielleicht zusätzliche Kosten verursacht.
Ohne finanzielle Kosten kann Klimaschutz nicht funktionieren.
Das erste Klimaschutzkonzept für Würselen wurde bereits 2010 erstellt. Seit dem Abgang des 1. Klimaschutzmanagers 2015, also bald 6 Jahre, hatten wir nicht den Eindruck, dass der Klimaschutz den gebotenen oder wünschenswerten Stellenwert bei den Entscheidungen erhält. Wir wollen nicht alle Aktivitäten negieren, aber wir haben zum Klimaschutz mit dem Ende 2020 eingestellten neuen Klimaschutzmanagers einige Erwartungen für die kommenden Jahre.
Ob die im Haushalt für Maßnahmen und Projekte recht undifferenziert budgetierten 50.000. Euro im Jahr zu echten neuen Anstrengungen führen, wir werden es – kritisch -begleiten.
Es werden, was den Haushalt betrifft, ganz sicher 2 sehr spannende Jahre mit vielen Aufgaben und Vorhaben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind da Klimaschutz, Digitalisierung, Perspektiven für Vereine, Flughafen Merzbrück, Konzepte der Stadteile, Neubau/Umbau nahezu der gesamten Schullandschaft zu nennen.
Eingangs habe ich die offene Informationsbereitschaft des Kämmerers gelobt, wir sind auch im Gespräch mit ihm, den Haushalt der Stadt künftig den Bürgerinnen und Bürger näher zu bringen, Arbeitsbegriff „Bürgerhaushalt“. Wir freuen uns schon auf die Ausgestaltung. Transparenz an dieser Stelle, aber künftig auch für weitere Themen, wie Sie in meinem Beitrag sicherlich registriert haben.
Die Gemeindeordnung des Landes NRW sieht vor, dass Beratungen und Entscheidungen des Rates und der Ausschüsse grundsätzlich öffentlich zu erfolgen haben, Ausnahmen sind eigentlich nur vorgesehen, wenn das öffentliche Wohl gefährdet oder die Belange Einzelner betroffen sind.
Eine rechtlich tragfähige und verständliche Begründung, warum z. B. die Vergabe von Aufträgen meistens, nichtöffentlich erfolgen muss, liegt nicht vor.
Wir wollen nicht nur Haushaltstransparenz, wir wollen die vom Gesetzgeber gewollte maximale Öffentlichkeit, damit der Bürger sein demokratisches Recht durchführen und die Entscheidungen seiner gewählten Vertreter nachvollziehen kann
Zum Schluss:
Vielen Dank auch an die Ratskolleginnen und -kollegen für den gemeinsamen guten Start in die neue Legislaturperiode.
Dank auch an alle, die mithelfen, die Corona-Pandemie zu meistern.
Unsere mittelgroße kreisangehörige Stadt Würselen, unsere Stadt der Kinder, wächst, und wir als Unabhängige Wählergemeinschaft sind stolz darauf und voller Engagement, die Entwicklung und den Fortschritt mit gestalten zu können.

Wer mitgestalten will muss auch Mitverantwortung bei der Finanzierung übernehmen.
Die UWG stimmt dem Doppelhaushalt 2021/2022 zu

Michaela Benja Würselen 13.04.2021
Fraktionsvorsitzende
Unabhängige Wählergemeinschaft Würselen